Sind die Eheleute zwar getrennt lebend aber noch verheiratet und fällt in diese Zeitspanne eine Geldleistung, stellt sich die Frage ob und wie diese unter den Eheleuten aufgeteilt werden muss, wenn der andere Ehegatte dies einfordert.
Der Zugewinnausgleich gleicht die unterschiedlichen Vermögensverhältnisse der Eheleute im Fall der Scheidung aus. Der Zugewinnausgleich wird nur auf Antrag durchgeführt. Dabei wird – vereinfacht dargestellt – das Anfangs- mit dem Endvermögen beider Ehegatten verglichen. Der Überschuss dieser Saldierung wird geteilt, so dass beide Eheleute mit gleichem Vermögen aus der Ehe gehen.
Erbschaften und Schenkungen sind privilegiert, das heißt, diese Zuwendungen sind dem Anfangsvermögen zuzurechnen und fallen damit nicht in den Zugewinnausgleich. Je höher das Anfangsvermögen ist und je geringer das Endvermögen, desto geringer ist der Zugewinn.
Der Bundesgerichtshof hatte sich nun mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Lottogewinn dem Anfangs- oder Endvermögen zuzuordnen ist. Der Ehemann hatte einen beträchtlichen Lottogewinn erzielt in der Trennungszeit, dh die Eheleute lebten zwar vielen Jahren getrennt, waren aber noch verheiratet. Weiter hatte der BGH sich damit beschäftigt, ob dieser Lottogewinn eventuell doch nicht auszugleichen ist, weil eine Verwirkung eingetreten sein könnte aufgrund des Lottogewinns lange Zeit nach der Trennung.
Nehmen Sie hierzu bitte die Ausführungen der Pressemitteilung des BGH vom 16.10.2013 zur Kenntnis:
Nr. 172/2013 vom 16.10.2013
Lottogewinn fällt in Zugewinnausgleich
Der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Rechtsfrage entschieden, ob ein von einem Ehegatten in dem Zeitraum zwischen Trennung und Zustellung des Scheidungsantrags gemachter Lottogewinn im Rahmen des Zugewinnausgleichs zu berücksichtigen ist.
Die Beteiligten schlossen im Juli 1971 die Ehe, aus der drei mittlerweile erwachsene Kinder hervorgegangen sind. Sie trennten sich im August 2000. Spätestens seit dem Jahr 2001 lebt der Antragsgegner mit seiner jetzigen Partnerin zusammen. Im November 2008 erzielte er zusammen mit seiner Lebensgefährtin einen Lottogewinn von insgesamt 956.333,10 €. Auf den der Antragstellerin am 31. Januar 2009 zugestellten Scheidungsantrag wurde die Ehe durch Verbundurteil vom 23. Oktober 2009 rechtskräftig geschieden, der Versorgungsausgleich geregelt und der Antragsgegner zur Unterhaltsleistung an die Antragstellerin bis März 2014 verpflichtet. Im vorliegenden Verfahren verlangt die Antragstellerin Zugewinnausgleich in Höhe von insgesamt 242.500 € unter Berücksichtigung der Hälfte des auf den Antragsgegner entfallenden Anteils an dem Lottogewinn. Das Amtsgericht hat den Lottogewinn bei der Berechnung des Endvermögens des Antragsgegners berücksichtigt und dem Antrag der Antragstellerin in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert, den Antragsgegner lediglich zur Zahlung von knapp 8.000 € verurteilt und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen.
Der Bundesgerichtshof hat auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin den Beschluss des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Entscheidung des Amtsgerichts wiederhergestellt.
Für den von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch auf Zugewinnausgleich war im vorliegenden Fall zum einen von Bedeutung, ob der vom Antragsgegner erzielte Lottogewinn als privilegiertes Anfangsvermögen entsprechend § 1374 Abs. 2 BGB bei der Berechnung des Zugewinns unberücksichtigt bleibt. Der Bundesgerichtshof hat im Anschluss an seine frühere Rechtsprechung entschieden, dass ein während der Zeit des Getrenntlebens von einem Ehepartner erzielter Lottogewinn nicht in entsprechender Anwendung des § 1374 Abs. 2 BGB als privilegierter Vermögenszuwachs angesehen werden kann, schon weil diesem Vermögenserwerb keine der Erbschaft oder Schenkung vergleichbare persönliche Beziehung zugrunde liegt.
Zum anderen musste der Bundesgerichtshof klären, ob der Antragsgegner die Zahlung des Zugewinnausgleichs wegen grober Unbilligkeit gemäß § 1381 Abs. 1 BGB verweigern kann. Dies hat der Bundesgerichtshof verneint. Allein eine längere Trennungszeit der Ehegatten im Zeitpunkt des Vermögenserwerbs begründet noch keine unbillige Härte der Ausgleichspflicht. Gleiches gilt für den Umstand, dass der durch den Lottogewinn erzielte Vermögenszuwachs keine innere Beziehung zur ehelichen Lebensgemeinschaft hat, weil das Recht des Zugewinnausgleichs, abgesehen von den in § 1374 Abs. 2 BGB genannten Ausnahmen, bewusst nicht nach der Art des Vermögenserwerbs unterscheidet. Auch eine Gesamtschau dieser beiden Umstände führt nicht zur Annahme einer groben Unbilligkeit, zumal die Ehe der Beteiligten bei der Trennung bereits 29 Jahre bestand und aus der Ehe drei Kinder hervorgegangen sind.
Die maßgeblichen Normen lauten wie folgt:
§ 1374 Anfangsvermögen
(1) Anfangsvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des Güterstands gehört.
(2) Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, wird nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist.
…
§ 1375 Endvermögen
(1) Endvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstands gehört. Verbindlichkeiten sind über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen.
…
§ 1378 Ausgleichsforderung
(1) Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als Ausgleichsforderung zu.
…
§ 1381 Leistungsverweigerung wegen grober Unbilligkeit
(1) Der Schuldner kann die Erfüllung der Ausgleichsforderung verweigern, soweit der Ausgleich des Zugewinns nach den Umständen des Falles grob unbillig wäre.
(2) Grobe Unbilligkeit kann insbesondere dann vorliegen, wenn der Ehegatte, der den geringeren Zugewinn erzielt hat, längere Zeit hindurch die wirtschaftlichen Verpflichtungen, die sich aus dem ehelichen Verhältnis ergeben, schuldhaft nicht erfüllt hat.
§ 1384 Berechnungszeitpunkt des Zugewinns und Höhe der Ausgleichsforderung bei Scheidung
Wird die Ehe geschieden, so tritt für die Berechnung des Zugewinns und für die Höhe der Ausgleichsforderung an die Stelle der Beendigung des Güterstandes der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags.
Beschluss vom 16. Oktober 2013 - XII ZB 277/12
AG Mönchengladbach – 39 F 232/10 - Beschluss vom 29. Juni 2011
OLG Düsseldorf – II-5 UF 183/11 - Beschluss vom 9. Dezember 2011
Anmerkung: Der Zugewinn kann nur durch einen Ehevertrag ausgeschlossen werden, wenn die Eheleute den Güterstand der Gütertrennung notariell beurkunden lassen. Tun sie das nicht vor oder während der Ehe, leben die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft und es findet eine Vermögensteilung statt.